Wie dem auch sei. Schnee-Henri skypte mich letzte Nacht an und auf meinem Bildschirm erschien diese groteske, weiß gepuderte Nase. Ich bat meinen Cousin eindringlich, ein wenig Abstand von seiner Webcam zu nehmen. Er ignorierte meine Bitte und ich verbrachte die nächsten zwanzig Minuten damit, einer deutsch-französisch sprechenden Nase meine Aufmerksamkeit zu schenken. Dabei fielen die ganze Zeit über Worte wie "Oberpaviantittengeil", "Nénés", "Raketen", "Partymeile" und immer wieder "Fuckparade". Die groteske Nase beendete ihren Vortrag damit, dass sie einmal gewaltig schniefte. Ich ließ den Vortrag Revue passieren. Er plante tatsächlich, aus dem Großherzogtum einen überdimensionalen Club zu machen. In ganz Luxemburg verteilte Marshall-Tower und, wie er es nannte, "von der Bundeswehr gekaperte Nebelwerfer" sollten für die nötige Akustik und Atmosphäre sorgen. Weshalb verdammt benutzte er das Wort gekapert? Und wieso mimte er zu jeder Zeit den Seebären? Dieser Mann regierte einen Landstrich, der hunderte Kilometer von jedem größeren Gewässer entfernt lag und darüber hinaus wäre er letztes Jahr beinahe in seinem eigenen Schlafgemach ersoffen, als er die "Daunenfüllung" seines 5x5x2 Meter großen Wasserhochbettes überprüfen wollte.
Ich beließ es bei dieser Formulierung und hakte wegen der Nebelwerfer nochmal nach. "Was willst du damit verschießen? Dein Scheissland besitzt kein Lenkwaffenprogramm!". Meine Lautsprecher lieferten seine Antwort und damit noch mehr Rätsel. "Ungefähr 300.000 Liter Trockeneis, geladen in diversen, feuerbereiten 280mm Kurzstreckenraketen aus NATO-Beständen. Die Raketen detonieren in 2 Kilometern Höhe und hüllen ganz Luxemburg in unfassbar dichte Nebelschwaden ein. Ich sags dir Furio, das wird die Leute nassmachen!". Ich stimmte ihm zu, die Vorstellung einer Raketenoffensive auf Luxemburg hatte definitiv ihre Vorzüge.
Dennoch war mir meine Rolle in dieser Planung nicht ganz klar. "Und wofür brauchst du mich, Cousin?" auf meine Frage folgte zunächst keine Antwort. Nach kurzer Stille hörte ich nur seltsame Geräusche. Sie erinnerten an ein übergewichtiges, quengelndes Baby, welches Gegenstände mit brachialer Gewalt an Decken und Wände schmiss. Offenbar hatte Seine Majestät irgendetwas an irgendwem auszusetzen. "Diese Topperts! Mein Kokerle, völlig verhunzt!" weitere, ebenso tierisch wie nasal klingende Laute wurden über das transatlantische Kommunikationskabel in mein Zimmer übertragen. "Hör zu, du musst mir irgendwie zwei Millionen Mollies zukommen lassen." "Großer Gott, zwei Millionen Stück? Was hast du damit vor?!" "Die will ich mit Jagdbombern auf meine Gäste niederregnen lassen. Die belgische Luftwaffe sicherte mir bereits ihre Kooperation zu. Ich werde der Welt damit beweisen, dass man Kriegsgerät zu friedlichen Zwecken nutzen kann" wirres Kichern. "Die belgische Luftwaffe?!" "Ja, Onkel Philippe findet die Idee auch oberaffentittengeil". Ich erinnerte mich an König Philippe. Letztes Jahr traf ich ihn im Rahmen seiner Krönungsfeierlichkeiten im Brüsseler "DirtyPanties XxX". Zusammen mit Carl XVI. von Schweden zog er allerlei Pulver von den Ärschen massiger Belgierinnen. "Also gut, ich hör mich mal um" sagte ich. Wieder undefinierbare Babylaute. "Hab dank Vetterchen, wuäh, du wirst total auf 'Fuckthemburg' stehen, bürb, so nenne ich nämlich das Event!". Weiteres Kichern folgte. Mir waren zwar Veranstalter und Veranstaltungsort gewaltig zuwider, aber die Idee selbst reizte etwas in meinem Kleinhirn, dem Sitz sämtlicher atavistischer Gedanken und Gefühle. Ich sicherte der Nase meine Unterstützung zu und schaltete ohne ihre Reaktion abzuwarten mein Notebook aus. Grausam schlagartig wurde mir die Tatsache bewusst, dass ich diesem Soziopathen bei seinen abstrusen Planungen zu helfen hatte. Ich orderte eine Kanne Kaffe und begann mit dem Durchsehen meiner Notizen.
Fortsetzung folgt.
Prince Charles, Luxemburg 2011. "ICH DIEN! ICH DIEN! ICH DIEN!"